Oppenheim, 23.10.2024. Das Jahr 2024 stellte die ECOVIN-Winzerinnen und Winzer vor große Herausforderungen. Frost, Regen und Pilzkrankheiten prägten die Vegetationsperiode und erschwerten den biologischen Weinbau erheblich. Dennoch gibt es gute Nachrichten: Die Traubenqualität ist vielerorts beeindruckend, und die Weine des Jahrgangs versprechen Frische, Eleganz und Ausgewogenheit. Besonders in feuchten Jahren wie 2024 stehen die biologisch arbeitenden Betriebe vor schwierigen Herausforderungen. Dennoch haben sie mit großem Engagement ihre Ernte eingefahren.
Aus den Anbaugebieten
BADEN: EIN WECHSELBAD DER GEFÜHLE
In Baden beschreibt Paulin Köpfer die Weinlese 2024 als „Wechselbad der Gefühle“. Frostschäden im April, Hagelereignisse im Mai und eine verregnete Blüte sorgten früh im Jahr für erste Ertragseinbußen. „Die häufigen Niederschläge im Juni und Juli stellten insbesondere die biologisch arbeitenden Weinbaubetriebe vor große Herausforderungen“, betont Köpfer, da in Jahren mit viel Feuchtigkeit der Pflanzenschutz ohne Kaliumphosphonat* besonders schwierig ist. Erst die zweite Augusthälfte brachte Sonne und hohe Temperaturen, die Reben erholten sich. Die Ernte begann Anfang September, zog sich aber aufgrund kühlerer Temperaturen bis in den Oktober hinein. „Trotz der zögerlichen Zuckeranreicherung konnten wir eine hohe physiologische Reife der Trauben erreichen“, freut sich Köpfer. Die Extraktwerte sind ausgezeichnet, die Säureverhältnisse perfekt balanciert. Dennoch blieben die Erträge unterdurchschnittlich, und die Keller sind längst nicht so voll wie in anderen Jahren. „Auch Spitzenqualitäten sind seltener, aber wir haben viele überdurchschnittlich gute Weine im mittleren Preissegment – genau das, was der Markt derzeit verlangt“, fügt er hinzu.
AHR: ALLES DABEI; WAS MAN NICHT BRAUCHT
Für die Winzerinnen und Winzer an der Ahr war 2024 ein Jahr voller Extremsituationen. Christoph Bäcker beschreibt es treffend: „Es war in diesem Jahr alles dabei, was sich der Winzer nicht wünscht.“ Im April führten Spätfröste zu erheblichen Schäden an den jungen Trieben, und der Sommer war von wiederholten, teils heftigen Niederschlägen geprägt. Dies begünstigte die Ausbreitung von Peronospora, die viele der ohnehin schon wenigen Trauben zusätzlich dezimierte. Auch Hagelschauer und Verrieselung während der Blütezeit trugen zu den Ernteverlusten bei. Trotz dieser Rückschläge konnten die verbliebenen Trauben dank sonniger Tage im Herbst mit hoher Qualität gelesen werden. „Die Erntemenge liegt bei nur 2.000 bis 3.000 Litern pro Hektar, in einigen Lagen sogar noch darunter“, berichtet Bäcker, doch die Qualität der Trauben sei gut bis sehr gut. Die Lese begann Anfang September und endete weitestgehend Mitte Oktober.
FRANKEN: EIN JAHRGANG; DER FRISCH UND LEBENDIG BLEIBT
Auch in Franken war das Jahr 2024 durch extrem unbeständiges Wetter geprägt. Gerald Baldauf berichtet: „Lesestart bereits am 9. September mit Dornfelder und Regent – viele Regenunterbrechungen, so wie das ganze Jahr 2024 eben war.“ Auch hier gab es deutliche Frostschäden, die zu erheblichen Ertragseinbußen führten, und die Peronospora setzte den Winzerinnen und Winzer zusätzlich zu. Die Erträge schwankten stark, in manchen Lagen gab es nur 10 hl/ha. „Je nach Betrieb, Ort und Lage gab es auch starke Oidiumausfälle“, ergänzt Baldauf. Trotz allem ist der Winzer positiv gestimmt, was die Qualität der Trauben betrifft: „Ein schöner Jahrgang mit Trauben mit feinster Säure, schönen Aromen und moderaten Mostgewichten. Bei selektiver Lese sind die Trauben topgesund.“ Die 2024er Weine werden seiner Meinung nach besonders frisch und lebendig bleiben und sich auch in den kommenden Jahren gut entwickeln.
PFALZ: ELEGANTE RIESLINGE MIT FRISCHE
In der Pfalz begann die Lese bei sonnigem Wetter Anfang September, und zunächst sah es nach einem vielversprechenden Jahrgang aus. „Burgunder zeigen gute Mostgewichte bei moderaten Erträgen und kaum Fäulnis zu diesem Zeitpunkt“, berichtet Alexander Pflüger. Doch Ende September führte ein Wetterumschwung mit wiederkehrenden Regenphasen zu einer Verzögerung der Reife, besonders beim Riesling. „Die Mostgewichte erreichen keine Rekordwerte, aber es wird viele leichte und elegante Rieslinge aus 2024 geben“, prognostiziert Pflüger. Auch die Erntemengen liegen etwa 10 % unter denen des Vorjahres. Trotz der wetterbedingten Herausforderungen spricht Pflüger von einem „herausfordernden Herbst mit letztendlich aber guten Ergebnissen“.
2024 – EIN INTENSIVES ARBEITSJAHR IN RHEINHESSEN
Alle Monate des Jahres waren im Durchschnitt wärmer als das langjährige Mittel. Der Februar gar mit über 7°C im Durchschnitt extrem warm, gepaart mit der doppelten Regenmenge. So war ein früher Austrieb gewiss. Im nördlichen Rheinhessen sorgte Frost am 22. und 23. April mit -6°C für lange Gesichter. Der Süden kam ohne Frostschäden davon.
Was anschließend folgte war vor allem viel Regen! Teilweise das Zweieinhalbfache der monatsüblichen Menge! Einzig ein sehr trockener August und ein September, der erst gegen Ende nass wurde, hat das Schlimmste verhindert! Vor allem vom Frost betroffene Weinberge hatten aufgrund des mastigen Wachstums sehr mit Pilzkrankheiten zu kämpfen. Insgesamt musste man mit dem Pflanzenschutz sehr hinterher sein, gleichzeitig sind die Reben wegen der großen Wassermengen sehr gut gewachsen.
Die Lese startete erst in der zweiten Septemberwoche so richtig, weil die Mostgewichte der frühen Sorten zu wünschen übrigließen. Für Dornfelder kam dann auch die Absenkung des Mindestmostgewichtes für Qualitätswein, sowie gemeinsam mit dem Portugieser die Erhöhung der Anreicherungsspanne. Wie sagt ein altes Winzer-Sprichwort: „Wenn Du denkst es gibt wenig, gibt es noch weniger!“. Genau so war es. Vor allem bei den Burgundersorten war die Erntemenge sehr übersichtlich, beim Riesling war es besser.
Bei der Lese war viel Selektions-Arbeit gefragt, die dann aber mit gesunden, reifen und aromatischen Trauben belohnt wurde. Die Selbstvermarkter sind damit sehr zufrieden und die gärenden Weine im Keller präsentieren sich hervorragend. Die momentane Anspannung am Markt macht aber allen Winzerinnen und Winzern zu schaffen und echte Glücksgefühle wollen sich nicht wirklich einstellen.
NAHE: KOMPLETTE BANDBREITE
An der Nahe gab es die komplette Bandbreite von 100% Ausfall durch Spätfröste auf der einen Seite und vitale Weinberge und gute Erträge auf der anderen Seite. Die frostgeschädigten Weinberge sind mit Zeitverzögerung wieder ausgetrieben, haben also grüne Triebe entwickelt, die dann auch entsprechend vor Pilzbefall geschützt werden mussten. Auch haben sich vereinzelt Trauben gebildet, die aber durch den Froststress der Reben sehr empfindlich für Pilzbefall waren. Die Rieslingreben in den Weinbergen, die nicht vom Frost betroffen waren, was von Gemarkung zu Gemarkung sehr individuell war, zeigten schon im Frühjahr einen guten Gescheinansatz. Dies hat sich auch im Herbst mit einem guten Ertrag und schönen gesunden Trauben fortgeführt. Bei den weißen Burgundersorten war die Erntemenge oft auf 60 % reduziert, was aber die Qualität noch verbesserte. Wir konnten reife, gesunde Trauben mit einer feinen Fruchtsäure ernten.
Auch an der Nahe kamen die Winzer durch die extremen klimatischen Bedingungen an ihre Belastungsgrenze. Deshalb sind alle froh, dass die Ernte eingefahren ist und trotz der Wirren des Jahres ein guter Jahrgang mit hohem Reifepotenzial im Keller liegt.
MITTELRHEIN: KLEIN, ABER FEIN
Am Mittelrhein kann man in diesem Jahr von einem „neidischen Herbst“ sprechen, je nachdem, ob die Weingüter ihre Weinberge mehr an der Rheinfront oder mehr in den Seitentälern haben. An der Rheinfront waren die Frostschäden gering und in den Seitentälern bis zu 100 %, sodass die Erntemengen in den Weingütern sehr unterschiedlich ausfallen. Hinzu kam dann noch in einigen Lagen hoher Druck durch falschen Mehltau, abhängig von der Rebsorte.
Aufgrund der kühlen Witterung zog sich die Lese über einen sehr langen Zeitraum bis teilweise zum dritten Oktoberwochenende, da der Riesling einfach die Zeit benötigt hat um physiologisch reif zu werden. Vor allem Weinberge mit lockerer Traubenstruktur präsentierten sich trotz des Regens bis zum Ende überwiegend gesund und so hat der Jahrgang von leichten und spritzigen Weinen bis hin zu gehaltvollen Lagenweinen alles zu bieten, wenn auch in deutlich geringerer Menge.
MOSEL: CA. 60% MEHR REGEN ALS IM DURCHSCHNITT
Ein Spätfrost Mitte April verursachte an der Mosel massive Erfrierungen an den jungen Trieben. Bei teilweise durch Frost geschädigten Betrieben verlief die Rebblüte denkbar schlecht und führte zu großen Verrieselungsschäden. Teilweise gab es Peronosporabefall, da ca. 60% mehr Regen als im Durchschnitt fiel.
Die Weinernte begann beim Riesling Anfang Oktober bei trockenem Wetter. Die Trauben waren größtenteils gesund. Die Mostgewichte lagen auf mittlerem Niveau.
Die Erntemengen waren sehr bescheiden. Es wurde weniger, als die Hälfte einer normalen Ernte eingebracht. Einige Weingüter, die besonders vom Frost betroffen waren ernteten noch weniger.
FAZIT: GROßE HERAUSFORDERUNGEN, GUTE QUALITÄT
Das Jahr 2024 stellte die ECOVIN-Winzerinnen und Winzer vor große Herausforderungen. Spätfröste, Pilzkrankheiten und schwierige Witterungsbedingungen reduzierten die Erntemengen vielerorts erheblich. Besonders in Jahren wie 2024, in denen aufgrund der hohen Feuchtigkeit der Pflanzenschutz ohne Kaliumphosphonate erschwert ist, war es für die biologischen Betriebe ein besonders harter Kampf. Dies zeigt, dass der „Werkzeugkasten des Bioweinbaus“ in Zeiten des Klimawandels angepasst werden muss! Dennoch zeigen sich viele Winzerinnen und Winzer optimistisch. Die Traubenqualität ist vielerorts überraschend gut, und es wird eine Fülle von frischen, lebendigen Weinen erwartet. Während Spitzenqualitäten in einigen Regionen selten sein werden, bietet der Jahrgang 2024 viele überdurchschnittlich gute und leichte Weine, die den aktuellen Verbrauchertrends entsprechen.
* Infokasten Kalium Phosphonat: Kaliumphosphonate sind im Weinbau ein ideales Pflanzenschutzmittel, weil sie Pflanzen gegen Krankheiten wie den Falschen Mehltau (Peronospora) stärken. Sie wirken, indem sie das Immunsystem der Pflanze aktivieren, sodass diese sich selbst besser gegen Krankheitserreger verteidigen kann. Kaliumphosphonate sind sehr effektiv, da sie tief in das Pflanzengewebe eindringen und eine langanhaltende Wirkung bieten. Ökologisch gelten sie als unbedenklich, weil sie in geringen Mengen verwendet werden und schnell im Boden abgebaut werden, ohne schädliche Rückstände zu hinterlassen. Sie haben keine negativen Auswirkungen auf nützliche Insekten oder die Umwelt, was sie zu einer umweltfreundlichen Alternative zu herkömmlichen Pestiziden macht. Seit nunmehr 10 Jahren ist Kaliumphosphonat im ökologischen Weinbau nicht mehr zugelassen. Vor 2014 durfte es als Pflanzenstärkungsmittel im Ökoweinbau erfolgreich eingesetzt werden.
Eine Kurzversion des Ernteberichts finden sie unter folgendem Link: Erntebericht 2024
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ECOVIN, Bundesverband Ökologischer Weinbau e.V., ist der Weinbauverband unter den Bioverbänden. 1985 gegründet, bewirtschaften derzeit 239 Mitgliedsbetriebe rund ein Viertel der deutschen Bio-Rebfläche. Neben der Zertifizierung nach ECOVIN Richtlinie sieht der Verband seine Aufgaben in Beratung, Bildung und politischer Interessenvertretung.