ECOVIN Jahrgangsbericht 2021 – Schatten und Licht

Oppenheim, 11. November 2021. Das Weinbaujahr 2021 wird den deutschen Biowinzer*innen als Herausforderung in Erinnerung bleiben. Die feucht-kühle Witterung über viele Wochen sorgte überall für eine späte Rebblüte, hohen Krankheitsdruck, Ernteverluste und eine relativ späte Traubenreife. Am Ende überraschten vielerorts gute bis sehr gute Traubenqualitäten und -mengen, wobei es regional und je nach Rebsorte und Lage große Unterschiede gibt.

Am stärksten betroffen von Ernteeinbußen im Ökoweinbau sind die Anbaugebiete Baden, Mosel und Ahr. In manchen Lagen kam es durch Spätfröste, Hagel und Pilzkrankheiten zu Totalverlusten. War es vor allem die Peronospora, die die Winzer*innen in Schach hielt, kamen im Spätsommer bisweilen noch weitere Krankheiten und Kirschessigfliegenbefall hinzu.

Am Ende sorgte die sonnig-warme Witterung im September und Oktober für einen gewaltigen Qualitätssprung bei den Trauben, die die Vormonate heil überstanden hatten. So konnten die ECOVIN Winzer*innen insgesamt einen Jahrgang einbringen, der in Menge, Qualität und Typik dem langfristigen Mittel entspricht – nach drei außergewöhnlich heißen und trockenen Weinbaujahren.

„Die Besonderheit des Jahrgangs 2021 sehe ich darin, dass wir im Vergleich zu den Vorjahren wieder andere Weine im Glas haben, mit weniger Alkohol und mehr Säure. Das wird spannend“, sagt ECOVIN Regionalvorsitzender Christoph Bäcker von der Ahr. Der Vorsitzende von ECOVIN Rheinhessen, Erik Riffel, unterstreicht diese Einschätzung. „Bei den Weißweinen, die von höheren Säurewerten profitieren, haben wir gute Qualitäten eingebracht. Bei den Rotweinen eher unterdurchschnittliche.“

Paulin Köpfer, ECOVIN Vorstandsmitglied und Vorsitzender von ECOVIN Baden, spricht sich für mehr pilzwiderstandsfähige Rebsorten (PIWIs) im Ökoweinbau aus. „Die meisten PIWIs haben in diesem Jahr ihr Potential voll ausspielen können. Viele Sorten blieben gegenüber Pilzkrankheiten stabil und haben volle Erträge in besten Qualitäten gebracht.“ Aktuell haben die ECOVIN Mitgliedsbetriebe im Schnitt über zehn Prozent ihrer Flächen mit PIWI-Sorten bestockt, der Gesamtanteil an der Rebfläche in Deutschland liegt bei 2,5 Prozent.

„Neben robusten Rebsorten brauchen wir Mittel und Strategien im Pflanzenschutz, damit der deutsche Bioweinbau langfristig eine Perspektive hat. Die Betriebe können nicht in jedem Jahr zittern, ob sie etwas ernten können oder nicht“, sagt der ECOVIN Bundesvorsitzende Andreas Hattemer.

Aus den Anbaugebieten

Ahr

Nach dem Austrieb Mitte April erfolgte die Rebblüte spät ab Ende Juni. Schon davor gab es Phasen mit viel Niederschlag, der im Juli in Extremregen überging. Frühe Infektionen mit Peronospora konnten sich stark verbreiten und große Schäden anrichten, während wegen der Flut teils über zwei bis drei Wochen nicht im Weinberg gearbeitet werden konnte. Die Traubenreife begann Mitte August, die Lese erfolgte zwischen Mitte September und Ende Oktober. Hochwasser, Peronospora, später auch Botrytis und Kirschessigfliege (KEF) haben zu extrem kleinen Erntemengen geführt, auch die Qualitäten liegen unter denen der Vorjahre.

Baden

Bereits Spätfröste im April hatten das Ertragspotenzial in ganz Baden um durchschnittlich 30 Prozent reduziert. Die nasse und kalte Witterung hat in vielen Lagen weitere Verluste durch Peronospora auf Gescheinen und Trauben verursacht, außerdem die Reifeentwicklung im Vergleich zu den Vorjahren verzögert.

Das weitgehend stabile Wetter von September bis Mitte Oktober hat eine zuletzt glückliche Wendung gebracht: Die Trauben konnten weitgehend in gutem bis ausgezeichnetem Gesundheitszustand eingebracht werden, die Reife hat deutliche Fortschritte genommen. Besonders erfreulich ist die Balance von Zucker- und Säurewerten in den 2021er Mosten – prima Voraussetzung für fruchtige, saftige Weine mit bester Lagerfähigkeit.

Leider blieben die Ertragsmengen weit unter ökonomisch vertretbarer Höhe. Im Schnitt muss im badischen Bioweinbau mit Verlusten durch Frost und Peronospora um 70 Prozent gerechnet werden. Das bedeutet für die Betriebe einen finanziellen Engpass in den nächsten Jahren, ggf. Lieferengpässe und Preisanstieg.

Franken

Abhängig von Lage und Rebsorte wurden in Franken sehr unterschiedliche Erntemengen und ‑qualitäten eingebracht. Wie in anderen Anbaugebieten waren der ausgiebige Regen und der hohe Peronosporadruck nach der zügigen Blüte Mitte Juni die größte Herausforderung für die Winzer*innen. Die Ernte setzte Ende September ein und war Mitte Oktober beendet. Voller Überraschungen, teilweise gute Mengen und hohe Qualitäten. Mineralstoffreich und vollmundig präsentieren sich jetzt schon die Jungweine, so dass man auf die Weine vom Jahrgang 2021 gespannt sein kann.

Mosel

Die Erntemenge ist durch den sehr feuchten Sommer mit vielen Pilzkrankheiten (Peronospora, Schwarzfäule) extrem unterdurchschnittlich. Regional ergeben sich jedoch bedeutende Unterschiede, von Totalschäden bis zu überdurchschnittlichen Erntemengen. Das Menge-Güte-Gesetz ist dieses Jahr besonders ausgeprägt: Hohe Mostgewichte bei geringem Ertrag, bei hohem Ertrag geringere Mostgewichte.

Der Austrieb und die Rebblüte fanden ungefähr im langjährigen Mittel statt. Der kühle August und September verzögerten die Reife, und die Äpfelsäure in den Trauben wurde nicht abgebaut, was relativ hohe Mostsäuren zur Folge hatte. Der überaus trockene, warme und sonnenreiche Oktober führte noch zu einem gewaltigen Qualitätsschub. Der Erntebeginn war drei Wochen später wie im Vorjahr. Zum Monatswechsel Oktober/November war die Weinernte an der Mosel größtenteils beendet.

Nahe

Keine Spätfröste, kaum Hagel, dafür viel Niederschlag, Peronosporadruck und kühle Temperaturen wie überall in Deutschland bestimmen den Jahrgang 2021. Je nach Lage und Rebsorte unterscheiden sich die Erntemengen, Peronospora-anfällige Sorten wie Müller-Thurgau und Kerner erbrachten teils nur 10-20 hl/ha, mancherorts gab es auch Einbußen durch Oidium. Immerhin ist die Traubenqualität besonders bei den Weißweinen gut, auch dank der trockenen Monate September und Oktober. Gut ausgereifte Trauben bei moderaten potenziellen Alkoholgehalten konnten noch bis Anfang November (Riesling) geerntet werden.

Pfalz

Auf späten Austrieb Ende April folgte eine langsame Rebentwicklung, vereinzelt kam es zu Spätfrösten mit Schäden bis zu 30 Prozent. Der Wetterumschwung Mitte Mai brachte einen gewaltigen Wachstumsschub, gefolgt von heftigen Regenmengen im Juni: Weinberge in tiefen Lagen standen teilweise unter Wasser. Die Peronospora befiel Blattwerk und Gescheine, bei manchen Rebsorten, z.B. Merlot, bis zum völligen Ertragsausfall. Mancherorts gab es leichte Hagelschauer im Juli. Die Peronosporalage entspannte sich, dafür kam Oidium auf. Am Ende ergaben sich recht inhomogene Reifebedingungen und Ertragseinbußen von 40 bis 50 Prozent. Die geernteten Trauben zeigen eine tolle Aromenfülle, bei moderatem Alkohol und reifen Säurewerten. Die jungen Weine probieren sich bereits saftig und facettenreich. Kein einfacher, aber ein vielschichtiger Jahrgang.

Rheinhessen

Austrieb (Ende April) und Rebblüte (zweite Junihälfte) setzten wie vor 30 Jahren üblich ein, auch Temperatur und Niederschlagsmengen entsprachen dem langjährigen Durchschnitt. Gunstlagen konnten dem Peronosporadruck besser standhalten und brachten am Ende mittlere Erntemengen (65-75 hl/ha) bei sehr guten Qualitäten. Im Süden des Anbaugebiets konnten nur wenig Trauben in Spätlesequalität geerntet werden. Weniger gute Lagen erlitten überall Ernteausfälle von bis zu 60 Prozent, bei den Rebsorten waren Merlot und auch Cabernet Blanc besonders anfällig. Neben der Peronospora spielten lokal auch Oidium-, KEF- und Sauerwurmbefall eine negative Rolle.

Württemberg

Trotz eines späten Austriebs der Reben Ende April gab es in manchen Regionen Spätfröste bis hin zum Totalausfall. Über die gesamte Vegetationsperiode hatten die Winzer mit Niederschlägen und daraus resultierendem Pilzbefall zu kämpfen. Wie die Niederschläge lokal sehr unterschiedlich waren, vom Starkregen mit Erosion bis hin zu sanftem Landregen, so unterschiedlich waren auch die Ertragsausfälle durch Echten und Falschen Mehltau.

Im August wurden einzelne Lagen noch vom Hagel getroffen, wobei der Schaden auch hier zwischen 20 und 60 Prozent stark schwankte. Teilweise sind die Begrünungen durch häufiges Befahren zum Pflanzenschutz stark in Mitleidenschaft gezogen und müssen gelockert und neu eingesät werden.