Artenvielfalt im Weinberg kooperativ entwickeln

Die Weingüter am deutschen Oberrhein machen schon vieles gut, wenn es um den Schutz der biologischen Vielfalt geht, doch es gibt noch Luft nach oben. Zu diesem Ergebnis kommen die Feldbegehungen, die ECOVIN und der NABU Südbaden gemeinsam in Baden, in der Ortenau und in der Pfalz bis Ende April durchgeführt haben. Die Erhebungen waren Teil des Interreg-Projekts VinBioDiv, in dem Organisationen aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz bis Mitte 2023 die Artenvielfalt in den Weinbergen verbessern wollen.

20 Weingüter auf der deutschen Rheinseite, konventionell wie auch ökologisch wirtschaftende, nahmen die Biolog*innen vom NABU und ECOVIN Fachreferentin Katrin Filsinger wortwörtlich unter die Lupe. „Die Idee der Besuche war jedoch nicht nur Forschung, sondern vor allem der Dialog mit den Winzer*innen. Wo fördern sie bereits Vielfalt, was können sie noch besser machen und welche Hemmnisse gibt es bei der Umsetzung? Gemeinsam entwickeln wir so Strategien zur Förderung der Biodiversität“, sagt Katrin Filsinger.

Die naturräumlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten der besuchten Regionen und Weingüter unterscheiden sich freilich. So ist die vielfältige Terrassenlandschaft des Kaiserstuhls prädestiniert für die Umsetzung von naturfördernden Maßnahmen bei der Böschungspflege und -bepflanzung. Auch die kleinen Parzellen der Ortenau ließen mehr Strukturelemente zu, die als Trittstein-Biotope fungieren könnten. In einigen besuchten Weingütern der Pfalz gibt es aufgrund der Flurbereinigung wenig Flächen, in denen sich Weinbau und Naturschutz einfach kombinieren lassen.

Deshalb hatten die Expert*innen von ECOVIN und NABU auch ein breites Sortiment an Empfehlungen dabei, mit denen die Betriebe angepasst an ihre Situation die Artenvielfalt fördern können: Nisthilfen für ganz unterschiedliche Vogelarten, Sitzwarten für Greifvögel, Baumpflanzungen auf Spitzzeilen, Anlage von Trockensteinmauern, Steinriegeln, Lesesteinhaufen, Totholzhaufen, die Bepflanzung der Anker mit Kräutern oder kleineren Sträuchern, an den Böschungen wertvolle Sträucher wie Weißdorn oder Kornelkirsche und vieles mehr.

In den kommenden Wochen geht jedem besuchten Weingut ein individueller Bericht zu, der den Ist-Zustand analysiert und konkrete Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt vorschlägt. Die Betriebe wählen dann Maßnahmen aus, die sie mit einer VinBioDiv-Förderung umsetzen können. Zum Abschluss des Projekts im Sommer 2023 sind Folgebegehungen geplant.

Die Resonanz auf den Aufruf an Weingüter am Oberrhein, sich als Projektbetriebe zur Verfügung zu stellen, war riesig. „Aus der Fülle der Bewerbungen konnten wir nur rund die Hälfte der Betriebe zur Erhebung auswählen – die Vorbereitung und Begehungen dauern pro Betrieb etwa einen Arbeitstag. Wir sind aber optimistisch, dass die ausgewählten Partnerweingüter als Multiplikator*innen in ihren Regionen wirken und ihr Biodiversitätswissen künftig an andere Winzer*innen weitergeben“, so Katrin Filsinger.

Alle interessierten Weingüter können außerdem an den VinBioDiv-Online-Seminaren teilnehmen. Beim letzten Seminar “Lenz | Lerche | Lage – Biodiversität im Frühling fördern” Ende März 2022 waren über 100 Interessierte aus allen drei Partnerländern dabei, die Veranstaltung wurde simultan ins Französische gedolmetscht.

Dieses Interreg-Projekt wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kofinanziert. / Ce projet est cofinancé par le Fonds de développement régional européen.

InterregOberrhein